Altdeutsche Deckung

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St. Peter und Paul, Eslohe

Einleitung

Die altdeutsche Deckung wird sowohl auf dem Dach als auch an der Wand ausgeführt. Der wesentlicher Unterschied zwischen einer Wandbekleidung und der Dachdeckung besteht darin, dass bei der Dachdeckung die altdeutsche Deckung mit Gebindesteigung ausgeführt wird.

EinfacheWandFlaeche.png Die altdeutsche Deckung mit Schiefer wird sowohl
auf dem Dach --->>
als auch
<<--- an der Wand
ausgeführt.
Altdtdachdeckung.png

Die Deckung wird mit Decksteinen im normalen und/oder scharfen Hieb ausgeführt.

Deckstein normaler hieb.jpgDeckstein scharfer hieb.jpg
normaler Hiebscharfer Hieb

Beispiel - Kapelle in Dorlar

KapDorlarIMG 2 1.JPG


weitere Bilder

Geschichte der altdeutschen Deckung

Durch die vor mehr als 100 Jahren übliche Art des Schieferabbaus, fielen untertage Steine unterschiedlicher Größe an. Da der Abraum ca 80% betrug, sollten die restlichen Steine unterschiedlicher Größe möglichst verlustfrei für die Dachdeckung eingesetzt werden. Große Steine wurden an der Traufe, wo das meiste Wasser anfiel eingesetzt. Zum First hin wurden die Steine somit kleiner. In einem Gebinde konnte man gleich große Steine, aber verschiedener Breite verwenden. So war es möglich unterschiedliche Steingrößen, wie wie sie beim Abbau anfielen, Rechnung zu tragen.

Merkmale der altdeutschen Deckung sind also:

   * unterschiedliche Steinhöhen und Steinbreiten 
   * Es gibt die Möglichkeit des Übersetzens (zwei schmale Steine auf einen    breiten Stein oder ein breiter auf zwei schmale)
   * eingebundene Orte
   * Die Gebindehöhen nehmen zum First hin ab
   

Beispiel

Uebersetzen altdtsch.jpg

Auf dem Bild sieht man schön die unterschiedlichen Steingrößen bei einer altdeutschen Dachdeckung. Die Steine bei (2) sind wesentlich schmaler, als die Steine bei (1).

Dadurch ist es jedoch gelegentlich notwendig zu übersetzen, d.h. einen großen Deckstein durch zwei kleinere zu überdecken, wie bei (3) zu sehen ist.

Die Steine werden nicht in festen Größen, sondern in Sortierungen geliefert. Auf dem Dach beginnt man an der Traufe mit den großen Steinen. Zum First hin werden die Steine kleiner. Zusätzlich wird zur Verbesserung der Regensicherheit mit Gebindesteigung eingedeckt. Mehr Informationen dazu finden Sie unter altdeutsche Dachdeckung.

Die Schiefer sind innerhalb der Überdeckung zu lochen und je nach Steingröße mit mindestens zwei oder drei Nägeln zu befestigen. Die Lochung hängt von der Kopfform des verwendeten Nagels ab. Nägel mit Flachkopf erfordern eine andere Lochung als Nägel mit Senkkopf.


altdeutsche Deckung heute

Heute wird in Deutschland nur noch an wenigen Standorten Schiefer untertage abgebaut, wie z.B.

  • Firma Rathscheck in Mayen
  • Firma Magog in Fredeburg
  • Firma Theis und Böger in Bundenbach

Zumeist kommt heute der Schiefer aus Spanien, wo er im Tagebau gewonnen wird.

Der Schieferabbau im Tagebau verändert die Ausführung der altdeutschen Deckung unter Einhaltung der traditionellen Regeln. Dadurch können Rauten in festem Größen aus einem Schieferblock gesägt werden, die später zu Decksteinen 'umgehauen' werden. Steine, die auf diese Weise hergestellt werden, erkennt man daran, dass sie an Brust und Kopf keine Bruchkante aufweisen. Durch dieses Herstellungsverfahren reduziert sich der Abraum wesentlich.

Statt wie bisher Sortierungen für die Sanierungen von altdeutschen Deckungen oder Neueindeckungen zu bestellen, werden Schieferschuppen in mehreren, z.B. vier, verschiedenen Höhen und Breiten an der Baustelle angeliefert. Mit den großen Steinen wird an der Traufe angefangen und auf dem Weg zum First verjüngen sich die Decksteine ein paar Mal, anfangend mit den großen Steinen in den ersten Deckreihen bis schließlich zu den letzten Deckreihen, je näher man dem First kommt. Um den Eindruck einer lebendigen altdeutschen Deckung zu erwecken, mischt man Steine unterschiedlicher Breite innerhalb der Deckgebinde. Die Verarbeitung durch die begrenzte Anzahl an Steinformaten geht dadurch zügiger. Während früher nahezu jeder Stein passend nachgeschlagen werden musste, muss jetzt nur noch gelegentlich ein Stein nachbehauen werden und ein Stein in einem Gebinde übersetzt werden. Man könnte diese Deckung als "altdeutsche Deckung lite" bezeichnen.

Die Steine sind nach einer einheitlichen Höhe in Paletten gepackt. Jede Palette hat dann Steine mit gleicher Höhe und unterschiedlicher Breite.
Das Ergebnis der Eindeckung - Beachte, in einem Gebinde sind Steine unterschiedlicher Breite.


Bezeichnungen

Schuppe mit bez.gif

Die Bezeichnungen des Decksteins rühren daher, dass der Dachdecker, der im Winter auf der Grube die Steine für das kommende Jahr vorbereitete, im Freien saß und Wind und Wetter ausgesetzt war. Dabei auf der Haubank sitzend plagte ihn das Zipperlein, und er bekam einen 'runden' und schmerzenden Rücken. Skizziert man sich also einen solchen geplagten Dachdecker auf einen Deckstein und ordnet Fußspitze und Decksteinspitze einander zu, so ist eine Verwechslung von Rücken und Fuß am Deckstein ausgeschlossen. Der hier abgebildete Stein ist ein rechter Deckstein, der für eine Rechtsdeckung (von links nach rechts) geeignet ist. Bei der Steingröße wird zuerst die Steinhöhe und dann die Steinbreite angegeben. Die Bezeichnung 22/18 bedeutet also:

Steinhöhe: 22 cm Steinbreite: 18 cm

Hier ist ein rechter Deckstein abgebildet. Beim rechten Deckstein ist die Spitze rechts, und er wird für eine Rechtsdeckung (von links nach rechts) eingesetzt. Umgekehrt ist beim linken Deckstein die Spitze links, und er wird für die Linksdeckung eingesetzt. Es ist jeweils zu beachten, dass die Schieferdecksteine von der Rückseite aus behauen werden. Dabei entstehen sichtbare Bruchkanten am Fuß, Rücken und Kopf. Die Brustkante wird dagegen immer scharf behauen, d.h. von der Vorderseite aus. Bei Decksteinen sind weiterhin die in der folgenden Zeichnung angegebenen Bezeichnungen üblich:

Deckstein bez winkel.jpg

Bei der Decksteinbezeichnung ist zu beachten, dass die Steinbreite nicht am Fuß, sondern an der breitesten Stelle des Steines (auf der Gebindelinie) gemessen wird.

Hieb

Bei den Decksteinen einer altdeutschen Deckung unterscheidet man zwischen einem Deckstein im scharfen und normalen Hieb. Der unterschied zwischen den beiden Formen besteht in der Seitenüberdeckung.

Geometrie

Normaler hieb.gif Scharfer hieb.gif
normaler Hieb scharfer Hieb

Die nachfolgende Tabelle beschreibt den Zusammenhang zwischen Rücken- und Brustwinkel, Höhen- und Seitenüberdeckung bei den Decksteinen im scharfen und normalen Hieb.


normaler Hieb scharfer Hieb
Höhenüberdeckung 29% 29%
Seitenüberdeckung 29% 38%
Rückenwinkel 125° 135°
Brustwinkel 74° 65°

Die Prozentzahlen beziehen sich immer auf die Steinhöhe.

Würde man die Seitenüberdeckung als Prozentanteil der Steinbreite ermitteln, würde das bedeuten,
dass beim altdeutschen Dach die Steine in einem Gebinde unterschiedliche Seitenüberdeckung
hätten - schmale Deckstein weniger als breite Deckstein. In einem Gebinde müssen aber 
alle Decksteine die gleiche Überdeckung haben. 


In der nachfolgenden Darstellung sieht man deutlich den Unterschied in der Seitenüberdeckung bei gleicher Steinhöhe der Decksteine. Rot ist die Überdeckung des Decksteins im normalen Hieb (oberer Stein) gekennzeichnet.

Ueberdvgl.jpg

Warum scharfer und normaler Hieb

Da sich die Überdeckung aus der Steinhöhe errechnet, wird bei zum First hin kleiner werdenden Steinen aber auch die Überdeckung kleiner. Im normalen Hieb würde dann irgendwann die Mindestüberdeckung unterschritten werden. Bei einer Unterschreitung der Seitenüberdeckung wechselt man deshalb zu einem Stein des sogenannten scharfen Hiebes. Dadurch konnten auch kleinere Steine eingesetzt werden, die die nötige Seitenüberdeckung gewährleisten konnten.

Heute sind die Steingrößen und Überdeckungen durch Tabellen in den Fachregeln des Dachdeckerhandwerks geregelt.

stumpfer Hieb

Stumpfer hieb.gif
Der Vollständigkeit halber sei auch erwähnt, dass es noch einen sogenannten stumpfen Hieb gibt, der aber in den alten Bundesländern selten bis gar nicht eingedeckt wird. Seine Geometrie ist ein wenig komplexer als die Geometrie der in Westfalen bekannten Hiebformen. Das hauptsächliche Merkmal besteht darin, dass der Kopf nicht parallel zum Fuß behauen ist. Der Brustwinkel beträgt 75 Grad und der Rückenwinkel 115 Grad.

Behauen eines Decksteins

Ein Deckstein wird mit Schieferhammer und gebogener Haubrücke behauen. Der Dachdecker hat die Aufgabe mit einfachen handwerklichen Prüfverfahren die Gesteinsqualität des Schiefers zu überprüfen. Da Schiefer nicht 'hergestellt' wird, kann die Qualität der Schiefer schwanken. Der Dachdecker nimmt den Stein als letzter in die Hand und hat daher die Aufgabe Schiefer, die den Qualitätsanforderungen nicht genügen, auszusortieren.

Beim Behauen eines Decksteins sind eine Reihe von Regeln zu beachten. Zunächst wird die Brust von der sichtbaren Seite des Steins, also scharf behauen. Der Grund dafür ist, dass mögliches Wasser, das in die Seitenüberdeckung eindringt, nicht unmittelbar durch Kapillarwirkung auf den darunter liegenden Stein gelangt. Danach wird der Stein gewendet und von der Unterseite weiter behauen.

Als Letztes wird immer der Kopf behauen, weil dann die Steingröße noch korrigiert werden kann. Bricht beim Behauen vom Fuß die Spitze weg, und der Kopf wäre bereits fertig behauen, so könnte der Stein unbrauchbar sein, da er zu klein wäre.

Für Rechtshänder

Im Folgenden wird die Reihenfolge beim Behauen des Schieferdecksteins durch einen Rechtshänder dargestellt. Die Steine sind von der Rückseite abgebildet. Videos, wie die Steine behauen werden finden Sie auf Videoseite

Linker stein.png Linker Deckstein
  • Brust
  • wenden
  • Fuß
  • Rücken
  • Kopf

Video icon.pngZur Videoseite


Rechter stein.png Rechter Deckstein
  • Brust
  • wenden
  • Rücken
  • Fuß
  • Kopf

Video icon.pngZur Videoseite

Für Linkshänder

Der Linkhänder behaut den rechten Deckstein so, wie ein Rechtshänder den linken Deckstein behaut und umgekehrt.

Video icon.pngZur Videoseite

Lochung

Die Schiefer sind je nach Größe mit mindestens zwei bzw. drei Nägeln zu befestigen. Besondere Regeln gelten für Randsteine.

Lochung der Schiefer


Die Lochung richtet sich bei Schiefer nach der Kopfform des Schiefers. Wie man in der Skizze in der Mitte des Bildes sieht, müssen die Schiefer bei der Verwendung von Nägeln mit Senkkopf von der Rückseite gelocht werden, damit ein Krater entsteht, in den sich der Nagelkopf versenken kann.

Flachköpfe dagegen halten den Schiefer am besten, wenn der Kopf voll aufliegt. Dazu muss der Stein von der Vorderseite gelocht werden. Bis zu einer Steingröße von 24 cm sind mindestens 2 Befestigungsmittel, darüber mindestens drei Befestigungsmittel erforderlich. Während Firststeine nur in der Seitenüberdeckung befestigt werden, sollte normalerweise mindestens ein Nagel am Kopf und an der Brust verwendet werden. Der Schiefer sollte entsprechend mindestens drei bzw vier Löcher erhalten, da aufgrund des Schwundes der Schalung größere Fugen auftreten können, und ein Nagel ins 'Leere' stoßen könnte.

weiterführende Links